GASTKOMMENTAR MICHAEL STADLER, MÖBELWERKSTATT LAUTERACH
Mit Anfang September sind hunderte Lehrlinge in Vorarlberg in ihr erstes Lehrjahr gestartet. Auch die Hofsteigregion bietet ausgezeichnete Ausbildungsmöglichkeiten – wir haben uns mit Michael Stadler über die Bedeutung der Lehre unterhalten.
Welche Bedeutung hat die Lehre für die Hofsteigregion?
Michael Stadler: Der Bereich Handwerk und Gewerbe ist extrem wichtig für eine Region – einerseits in Bezug auf die Infrastruktur, andererseits aus volkswirtschaftlicher Sicht. Es sind die Betriebe, die die großen ehrenamtlichen Sozialleistungen in eine Gemeinde bringen, zum Beispiel, indem sie Vereine, Schulen und Kindergärten unterstützen.
Ist der Fachkräfte- und Lehrlingsmangel auch hier spürbar?
Michael Stadler: Ja, der ist definitiv spürbar. Es hat sich allerdings ohnehin einiges verlagert. Früher hat man mit 15 Jahren die Lehre begonnen, jetzt gibt es immer mehr Quereinsteiger. In Deutschland ist es außerdem schon viel geläufiger, nach der Matura noch eine Lehre zu machen.
Was können Betriebe dagegen tun?
Michael Stadler: Oft stimmen die Rahmenbedingungen nicht. Die Politik und unsere Interessensvertretung haben vieles verschlafen. Meiner Meinung nach spielt auch die steuerliche Ungleichbehandlung von großen Betrieben und Kleinunternehmen eine Rolle. Man könnte gegensteuern, wenn sich Handwerk und Gewerbe innerhalb der Wirtschaftskammer besser positionieren und selbstbewusster auftreten würden.
Können Sie drei Gründe für eine Lehre nennen?
Michael Stadler: Speziell beim Tischlerhandwerk hat man am Ende der Lehrzeit ein Gesellenstück, auf das man stolz sein kann. Hinzu kommt die Wertschätzung, die einem von den Kunden entgegengebracht wird. Außerdem ist ein Handwerk etwas sehr Kreatives und meiner Meinung nach liegt es in der Natur des Menschen, eigenständig etwas zu schaffen.
Sie sind sehr engagiert in der Lehrlingsausbildung – worauf legen sie bei jungen Menschen wert?
Michael Stadler: Neben den klassischen Werten wie Pünktlichkeit, Freundlichkeit und Sauberkeit, ist es mit wichtig, dass die Lehrlinge die ihnen übertragenen Aufgaben gewissenhaft und konsequent ausführen. Auch ein Lehrling ist Teil eines Betriebes und trägt zum Funktionieren des Ganzen bei. Ich fühle mich verantwortlich, dass ein Lehrling am Ende seiner Lehrzeit etwas kann – ich denke, das ist jeder Lehrherr seinem Lehrling schuldig.
Bietet eine Lehre in einem kleinen Handwerksbetrieb Vorteile gegenüber der Ausbildung in einer großen Firma?
Michael Stadler: Ich denke, das Miteinander ist in einem kleinen Betrieb ein anderes. Auch der persönliche Bezug ist enger und so können Lehrlinge leichter ein komplettes Projekt vom Anfang bis zum Ende übernehmen. Wenn jemand wirklich Interesse mitbringt, kann er/sie am Ende des zweiten Lehrjahres schon große Aufträge selbstständig umsetzen. Mir ist es wichtig, dass die Lehrlinge auch bei der Montage dabei sind und die Wertschätzung der Kunden erfahren.
Welche Karrierechancen haben junge Menschen nach Abschluss der Lehre?
Michael Stadler: Heute ist es so, dass man eigentlich alles machen kann. Gerade der Tischlerberuf ist sehr gefragt – mit den verschiedenen Techniken und Materialien ist er sehr breit gefächert. Das vierte Lehrjahr „Tischlereitechnik“ hat den Beruf zusätzlich aufgewertet. Auch die Meisterprüfung wird wieder gefragter. Viele entscheiden sich für Matura und Lehre – Victoria, die gerade die Lehre bei uns macht, macht zum Beispiel die Abendmatura.
Was raten Sie jungen Menschen, die vor der Berufswahl stehen?
Michael Stadler: Sie sollten sich möglichst viele Berufe und Betriebe anschauen. Die Hofsteigregion bietet viele verschiedene Möglichkeiten und in den meisten Betrieben kann man Schnuppertermine vereinbaren. Im Gespräch mit den Mitarbeitern vor Ort bekommt man ein Gefühl für den Beruf und die Lehrstelle.
Ich habe mich für die Lehre entschieden, weil … mir die kreative Vielfalt und das handwerkliche Arbeiten bei meinem vorherigen Büroberuf (Tourismuskauffrau) gefehlt haben. Hier kann ich mich kreativ entfalten und sehe den Fortschritt meiner Arbeit.
Bianca Nabholz
Lehre zur Tischlereitechnikerin
Am besten an meiner Lehre gefällt mir, dass … ich am Abend heimkomme und sehe, was ich den ganzen Tag gearbeitet habe. Ich kann mit einem natürlichen Material arbeiten und finde es faszinierend, was aus einzelnen Holzbrettern entstehen kann.
Victoria Schneider
Lehre zur Tischlereitechnikerin
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